1 Schloss Sigmaringen

Für die Unterbringung des französischen Staatspräsidenten Marschall Philippe Pétain (1856–1951), seiner Minister, der Delegierten der Regierungskommission und ihren Angehörigen war das repräsentative Residenzschloss der Fürsten von Hohenzollern an der oberen Donau vorzüglich geeignet. Das Schloss, auf einem langgezogenen Jurafelsen 45 m über der Donau errichtet, wurde 1077 in der Chronik des Klosters Petershausen erstmals erwähnt. Von der ältesten Bauphase der ehemaligen Burg zeugt heute noch der Bergfried, Römerturm genannt. Die zahlreichen Adelsgeschlechter, die den Herren von Sigmaringen nachfolgten, bauten die Burganlage im Hoch-und Spätmittelalter weiter aus.

Das Auswärtige Amt wie auch die nach Sigmaringen gekommenen „Ultra-Kollaborateure“ waren bestrebt, der Regierungskommission den Anschein einer legalen und souveränen Staatsregierung zu geben. Der Präsident der Regierungskommission Fernand de Brinon leitete seine Stellung von der ihm vom rechtmäßigen Staatspräsidenten erteilten Generalvollmacht ab, die ihm einst jedoch nur für den von den Deutschen besetzten Teil Frankreichs erteilt worden war. Das Schloss wie auch der Prinzenbau, wovon an anderer Stelle berichtet wird, erklärte man von deutscher Seite für exterritorial. Am 1. Oktober 1944 fand die offizielle Einsetzung der „Regierungskommission für die Verteidigung der nationalen Interessen“ statt, worüber auch in der Ausgabe der für Sigmaringen und Oberschwaben zuständigen „Donau-Bodensee-Zeitung“ vom 3. Oktober 1944 berichtet wurde.

Nach dem raschen Vordringen der alliierten Streitkräfte im Sommer 1944 in Nordfrankreich sah sich die Wehrmacht am 16. April 1944 genötigt, ihre Truppen auf die Linie Jura-Vogesen-Marne zurückzuziehen. Da man von deutscher Seite nicht gewillt war, den französischen Staatspräsidenten Marschall Pétain dem Feind zu überlassen, wurde dieser gegen seinen ausdrücklichen Willen am 20. August 1944 in Vichy abgeholt und nach Belfort gebracht. Dorthin hatten sich bereits auch andere Regierungsmitglieder und die Führer der verschiedenen faschistischeren Gruppierungen eingefunden, die die Rache ihrer Landsleute fürchten mussten. Pétain stellte nach diesem Akt der Gewalt die Regierungstätigkeit ein. Seinem Beispiel folgten danach auch Ministerpräsident Pierre Laval (1883-1945) und andere Minister. Die Betroffenen lehnten es freilich ab, von ihren Ämtern zurückzutreten, um der Reichsregierung die Möglichkeit zu nehmen, eine neue französische Regierung einzusetzen. Von deutscher Seite setzte man nunmehr die Hoffnung auf die Extremisten, die zu einer Ultra-Kollaboration mit Deutschland bereit waren.

Die Hoffnungen, die man von deutscher Seite in die Regierungskommission gesetzt hatte, gingen nicht in Erfüllung. So erschöpfte sich die Tätigkeit der in sich zerstrittenen Kommission, plakativ ausgedrückt, im Dinieren, Diskutieren und Intrigieren. Vor allem aber hatte Präsident Fernand de Brinon das Vertrauen der deutschen Stellen verspielt. Seinem ausdrücklichen Auftrag entgegen, hatte er sich nämlich bei Pétain nicht für eine Ernennung Doriots zum Chef einer französischen Regierung eingesetzt hatte, sondern sich selbst für diese Stellung empfohlen. In diesem Zusammenhang muss wohl auch die Demission von Otto Abetz als Chef der Deutschen Botschaft Paris in Sigmaringen im November 1944 und die Besetzung dieser Stelle mit Botschafter Otto Reinebeck gesehen werden. Ministerpräsident Pierre Laval, der sich alle Sympathien verscherzt hatte, sollte ins Schloss Hühnlich in Schlesien umquartiert werden. Das Reichssicherheitshauptamt wollte aus Sicherheitsgründen die französischen Politiker jedoch allesamt in einem überschaubaren Bereich haben. Reichsaußenminister von Ribbentrop verfügte deshalb die Versetzung des Ministers in das Schloss Wilflingen, das die Fürstliche Familie bereits im November 1944 wieder hatte verlassen dürfen. Nach neuesten Forschungen fand der Umzug Lavals vom Schloss Sigmaringen ins Schloss Wilflingen offensichtlich jedoch erst Anfang März 1945 statt.