Anfang April des Jahres 1945 begannen die Réfugiés und dann auch die in den Dienstellen der Regierungskommission und in den Büros der Parteien und Verbänden beschäftigen Franzosen ihre Koffer zu packen und das Weite zu suchen. Zuerst verließen diejenigen die Stadt, die noch über Autos und Sprit verfügten. Die anderen mussten mit der Bahn Vorlieb nehmen, die freilich nur noch am frühen Morgen und abends verkehrte. Hauptziele waren die ominöse Alpenfestung und Südtirol. Doch noch unmittelbar vor diesem Exodus war die Deutsche Botschaft Paris in Sigmaringen bestrebt, den französischen Gästen ärztliche Versorgung angedeihen zu lassen, wie aus nachfolgender Beschlagnahme der Praxisräume des Dentisten Franz Benkler (1912 – 1975) zugunsten des französischen Dentisten Fernand Beurrot hervorgeht.

Die Anordnung vom 19. März 1945 lautet: „Auf Antrag des Vertreters des Auswärtigen Amtes beim Reichsverteidigungskommissar Württemberg – Deutsche Botschaft Paris, z. Zt. In Sigmaringen, sowie auf Anordnung des Herrn Regierungspräsidenten in Sigmaringen und mit der Zustimmung der Kassendienstlichen Vereinigung Deutschlands – Landesstelle Württemberg – in Stuttgart und des staatl. Gesundheitsamts in Sigmaringen werden Ihre Praxisräume und Praxiseinrichtung [des Dentisten Franz Benkler] zur zahnärztlichen Betreuung der in Sigmaringen anwesenden französischen Flüchtlinge durch den französischen Dentisten Fernand Beurrot hiermit auf Grund der §§ 3a 5, 15 und 25 des Reichsleistungsgesetzes vom 1. Sept. 1939 sichergestellt und mit sofortiger Wirkung beschlagnahmt“.

Otto H. Becker