Während die im Schloss wohnenden Franzosen von der Schlossküche verpflegt wurden, mussten die in der Stadt untergebrachten Refügiés mit dem Eintopfgericht vorlieb nehmen, das ihnen in den örtlichen Gasthäusern bzw. Hotels „Krone“, „Donau“, „Alter Fritz“ „Traube“, „Löwen“, „Bären“ und in der Bahnhofgaststätte vorgesetzt wurde. Dieses Eintopfgericht bestand aus einer Brühe mit Kartoffeln, Rüben und Kohl. Wie uns Maximilian Schaitel berichtet, waren die Mahlzeiten für viele Franzosen nicht ausreichend gewesen. Vor allem die jüngeren Semester hätten an Hunger gelitten. Diese Situation verschlechterte sich infolge der gegen Kriegsende eintretenden Vorsorgungsengpässe zusehends.
Über einzelne Begebenheiten bei der Verpflegung der französischen Flüchtlinge werden wir in den vorliegenden Quellen nur sehr spärlich unterrichtet. Eine Ausnahme bietet die Niederschrift einer Unterhaltung, die der französische Literaturkritiker und Biograph Philippe Alméras mehrere Jahre nach Kriegsende mit Paul Bonny und seiner Frau geführt hat. Paul Bonny stammte aus Genf in der französischen Schweiz und war in Paris und danach bei der Deutschen Botschaft als Redakteur und beim Rundfunk tätig. Im Sommer 1944 machte Bonny die Bekanntschaft mit dem Arzt und Schriftsteller Céline in Baden-Baden. Im Herbst desselben Jahres trafen sich Bonny, der weiterhin im Dienst der Deutschen Botschaft stand, und Céline in Sigmaringen wieder.
Bezüglich der Verpflegung der Réfugiés äußerte sich Bonny gegenüber Alméras: „Es gab Schwarzbrot, das durchaus nicht schlecht war, etwas Weißbrot, das Fleisch aber war so groß wie eine Briefmarke…Wir gingen mit Céline in ein Restaurant, Alter Fritz genannt, und die große Kunst bestand darin, die Bedienung, die Annelise (Analyse) hieß, so in ein Gespräch zu verwickeln, dass sie vergaß, Essensmarken zu verlangen. Wir überhäuften sie mit Komplimenten, dass sie nicht mehr daran dachte, die Essensmarken zu vereinnahmen“. - Bei der Bedienung handelte es sich übrigens um die spätere Wirtin des Gästehauses Gmeiner (Josefinenstraße 13), Anneliese Keller, die damals im Alter von 16 Jahren im Gasthof ihrer Eltern als Bedienung aushalf.
Otto H. Becker