Dass der Prinzenbau Sitz der französischen Verwaltung geworden war, blieb auch den Einheimischen nicht verborgen. So berichtete die in der Karlstraße 5 wohnhafte Lehrerin Klara Steidle in ihrer Chronik, dass in zwei Stockwerken des Palais französische Ministerien eingezogen waren. Auch nach außen erhielt der Gebäudekomplex ein besonderes Gepräge. So notierte Maximilian Schaitel zum 29. November 1944 in sein Tagebuch: „Vor dem Prinzenbau, in dessen oberen Teilen die alte Fürstin Adelgunde mit ihrem kleinen Hofstaate noch lebt, steht eine französischen Wache und das Haus darf nur mit Ausweis betreten werden.“ Über dem Palais soll ebenfalls die Trikolore geweht haben. Wie das Schloss war auch der Prinzenbau exterritorial.
Das Gebäude war ferner Sitz des Generalsekretariats der Miliz, dessen Chef Joseph Darnand war, sowie der Direktion der Zeitung „La France“, die dem Delegierten für Information und Propaganda Jean Luchaire unterstand. Im Gebäude befand sich wohl auch die Direktion des Senders „Ici la France“. So notierte Klara Steidle in ihrer Chronik, dass sich im Erdgeschoss des Alten Prinzenbaus ein Propagandasender befunden haben soll. Maximilian Schaitel wiederum berichtet, dass im Prinzenbau „für die bei der Regierung angestellten oder beamteten Franzosen an Hl. Abend eine kleine Feier mit Essen“ geboten wurde.
Auch bei den Anstrengungen der Regierungskommission, ihren nach Sigmaringen gekommenen Landsleuten das Leben in der Fremde etwas zu erleichtern, spielte der Prinzenbau eine gewisse Rolle. So erging an die Franzosen von Sigmaringen der Aufruf, Deutschkurse zu belegen. Die Listen dafür befanden sich im Saal der Lebensmittelversorgung im Erdgeschoß des Prinzenbaus. Am 3. Februar 1945 fand das 5. Gespräch (causerie) des „Comité Artistique et Littéraire“ mit dem Thema „Die Dichter, die ich kennengelernt habe (Anna de Noailles, Jean Richepin, Henry de Regnier)“, ebenfalls im Prinzenbau statt.
In den vorliegenden Unterlagen werden die jeweiligen Räumlichkeiten nicht genannt oder beschrieben. Die erwähnten Veranstaltungen dürften jedoch entweder im Gartensaal oder im heutigen Lesesaal des Staatsarchivs stattgefunden haben.
Otto H. Becker