1826 erwarb Fürst Anton Aloys (1785 - 1831) von Hohenzollern das Nebengebäude des Gasthofs „Bären“ und ließ es zu einem Theatergebäude umbauen. Bis 1873 befanden sich im unteren Stockwerk des Theatergebäudes ferner die Gesellschaftsräume und das Vereinslokal der privilegierten Museumsgesellschaft, einer Lesegesellschaft. Nach dem Anschluss der Fürstentümer 1850 an Preußen verließ Fürst Karl Anton (1848 – 1885) sein ehemaliges Fürstentum und machte in preußischen Diensten Karriere. 1871 kehrte Karl Anton wieder nach Sigmaringen zurück. Als Residenz des Fürsten von Hohenzollern erfuhr das gesellschaftliche und kulturelle Leben in der Stadt wieder starke Impulse. Auch das Fürstliche Theater blühte auf. Nach dem Ersten Weltkrieg war an eine Weiterführung des Theaters freilich nicht mehr zu denken. Nach einer weiteren Renovierung wurde im Hoftheater 1928 schließlich ein Lichtspielhaus eröffnet.

Das Theater wurde dann auch für kulturelle Veranstaltungen der im Herbst 1944 nach Sigmaringen gekommenen Franzosen genutzt. So veranstaltete das sehr rührige französische Komitee für Kunst und Literatur (Comité Artistique et Littéraire) im Hoftheater für ihre Landsleute am 24. Dezember 1944 um 21 Uhr eine Abendveranstaltung zu Weihnachten ("une grande soirée de Noel") mit Lucienne Delforge, René Arrieu und Robert Le Vigan. Über die Darbietungen selbst sind wir nicht informiert. Bei den ausgewiesenen Künstlern dürfte es sich mit Bestimmtheit jedoch um eine Veranstaltung mit hohem Niveau gehandelt haben.

Am Montag, 26. März 1945 fand im Lichtspielhaus, wie in einer Notiz in der Zeitung La France vom 28. März desselben Monats erfahren, eine Kundgebung zur Werbung für den Sport (une manifestation de propagande sportive) im Beisein des Präsidenten der Regierungskommission Fernand de Brinon statt. Auch über den Inhalt dieser Darbietung sind wir nicht unterrichtet. Es handelte sich aber bei dieser Manifestation mit Sicherheit um die letzte Veranstaltung für die französische Kolonie in Sigmaringen. Wenige Tage später setzte deren Exodus aus Sigmaringen ein.

Über Schicksal der Künstler, die bei der Veranstaltung am 24. Dezember 1944 im Hoftheater ihre Auftritte hatten, sind wir informiert. Der Schauspieler René Arrieu (1924 – 1982), der mit einer Tochter von Jean Luchaire, Delegierter für Information und Propaganda in der Regierungskommission, verheiratet war und sich wohl auch deshalb nach Sigmaringen begeben hat, machte nach dem Krieg in Frankreich Karriere und wurde Mitglied der Comédie Française.

Die ehemals berühmte Pianistin Lucienne Delforge geriet nach dem Krieg stattdessen in Vergessenheit. Robert Le Vigan (1900 – 1972), einer der gefragtesten Filmschauspieler der dreißiger Jahre in Frankreich, wurde 1946 zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach drei Jahren wurde er auf Kaution freigesetzt, setzte sich dann aber nach Spanien ab, wo er noch einige Filme drehte. Danach reiste er nach Argentinien. Auch in Buenos Aires trat er noch in einigen Filmen auf. Bald geriet er dort aber in Vergessenheit und starb 1972 verarmt in dem Provinzstädtchen Tandil.

Bereits im November 1945 wurde im Hoftheater unter dem Intendanten Robert Marencke das Hohenzollerische Hoftheater eröffnet, das vor allem auch dank hervorragender Schauspieler wie Theodor Loos, Toni Berger und Gustl Bayrhammer sehr erfolgreich war. Die Währungsreform 1948 versetzte das Hohenzollerische Landestheater dann aber in Existenznöte. Auch die Ausdehnung der Spielpläne konnte das Unausweichliche nicht mehr verhindern. 1950 kam für das Landestheater schließlich das Ende.

Nach einer erneuten Renovierung und der Schaffung eines Blumengeschäftes im Erdgeschoss wurde im Hoftheater 1954 wieder ein Kino eröffnet. Als solches war es bis in die jüngste Vergangenheit im Betrieb. Der privaten kulturellen Initiative, die das Hoftheater zuletzt genutzt hatte, wurde aus brandschutzrechtlichen Gründen 2015 gekündigt. Zurzeit werden Wege gesucht, dieses „Kleinod“ wieder neu zu beleben.

Otto H. Becker