Über die Zustände und Begebenheiten bei der Essensausgabe für die im Gefolge der Vichy-Regierung nach Sigmaringen gekommenen Franzosen in den Wirtshäusern der Stadt werden wir in den vorliegenden Quellen im Einzelnen nicht unterrichtet. Einen kleinen, aber dennoch eindrücklichen Einblick in das Leben und die Verpflegung der französischen Flüchtlinge und Milizionäre gewährt uns jedoch der Bericht von Maximilian Schaitel über seinen Besuch der Gaststätte „Traube“ am Sonntag, dem 17. Dezember 1944. Die Notiz lautet: „ Am gleichen Tag ging ich abends in das Gasthaus zur Traube, wo ich drei Glas dunkles Münchener Bier trank. Um 19 Uhr waren beide großen Räume bis auf den letzten Platz gefüllt, meist mit Franzosen. Es waren Milizen und Zivilisten, darunter viele Frauen. Die Zivilisten nahmen hier wohl ihr Nachtessen ein. Was allgemein auffiel, war die Tatsache, dass die männlichen Franzosen nichts zu rauchen hatten. Während sonst kein Franzose ohne Zigarette im Munde zu sehen ist, scheinen die mitgebrachten Zigaretten langsam auszugehen. Nun sind sie an (sic!) unsere Raucherkarten angewiesen und wir selbst haben bekanntlich wochenlang nichts zu rauchen. Von den deutschen Gästen in der Traube rauchten nur einige Unteroffiziere, die deutschen Zivilisten hatten auch nichts“.
Wie neuere Forschungen gezeigt haben, befand sich auf dem Platz der „Traube“ zuvor der Gasthof „Adler“. Der Wirt dieser Gaststätte war der Stadtschultheiß Hans Roy, der Vater des Heiligen Fidelis von Sigmaringen (1578 – 1622). Entgegen der Tradition dürfte demnach nicht das Fidelishaus in der Fidelisstraß1, sondern der „Adler“ am Marktplatz das Geburtshaus des Patrons von Sigmaringen und von Hohenzollern gewesen sein.
Otto H. Becker